Irgendwann nachts, an der kroatischen Grenze. Ein Doppeldeckerbus, vollgepackt mit jungen Menschen, die lange nicht geduscht haben und es in mehreren Anläufen einfach nicht schaffen, die richtige Anzahl von Reisepässen zu stapeln - 25 Pässe aus sieben Nationen - und sie dem sichtlich irritierten Grenzsoldaten zu übergeben. Zwischen all den müde-verschmitzten Gesichtern, Socken, Unterhosen, Gitarren, Skateboards, Kaffeebechern und Tetrapacks voller Wein: Ein Betonmischer. “Was zur Hölle macht ihr hier?!” - “...Hmm...Wir machen Urlaub und besuchen Freunde!”
2015 sind wir zu einer Tour aufgebrochen, die Skateboarding und der Rest der Welt, so noch nicht gesehen hat. In einer vierwöchigen Tour ging es durch die Schweiz, Italien, Slovenien, Kroatien, Österreich, Tschechien, Deutschland und Dänemark. Touren unter und für Profi-Skateboarder sind eigentlich nichts Ungewöhnliches, sie laufen normalerweise so: eine kleine Gruppe von Skatern fahren an einen Ort und verlassen ihn nach einer bestimmten Zeit wieder - hoffentlich mit Taschen voller Hochglanz-Footage… Wir haben das ein bisschen anders gemacht. In einem Gefährt, dass auch bergab auf deutschen Autobahnen nicht schneller als 75 km/h und einer Route, die diesen Eigenschaften weiß Gott nicht entspricht, haben wir auf unserer Tour 3.500 km quer durch Europa abgerissen und dabei gleich zweimal die Alpen überquert. Im Gepäck hatten wir eine große Gruppe von Freunden, einen Betonmischer, Baumaterial, Werkzeug, gutes Essen und gute Musik und folgende Mission: Wir haben in allen Ländern an unterschiedlichen Orten DIY-Crews besucht mit unserer fahrenden Baustelle, um sie beim Ausbau ihrer Spots vor Ort zu unterstützen und miteinander zu vernetzen.
Der Ablauf war bei den meisten Stops ähnlich: Ankommen und sich meist gleich am Spot mit den Locals treffen, ein paar Bier trinken und sich ein paar Rampen ausdenken. Am nächsten Tag wird dann von morgens an gebaut bis man mitten in der Nacht völlig fertig neben dem frischen Beton liegt und mal wieder darüber diskutiert, dass man doch beim nächsten Mal etwas weniger bauen sollte, um sich nicht völlig zu zerstören. Diese Gedanken sind dann am nächsten Tag schon wieder verflogen, wenn man nach dem Kaffee in die Stadt aufbricht, um mit den Locals ein paar Spots abzuklappern oder neue Orte zu entdecken. So sind wir im Laufe der Tour an den abgefahrensten Plätzen gelandet: Ein besetztes Areal mit einem dauerhaft beheizten Außenpool, völlig in der Natur gelegene, eiskalte Flüsse, eine verlassene Tankstelle oder ein gigantisches, besetztes Fabrikgelände mit mehreren Skateparks auf verschiedenen Ebenen. Am vierten und letzten Tag wurden dann die neuen Rampen feierlich eingeweiht, nur um sich kurze Zeit später wieder auf die Reise zu machen und das Ganze an einem völlig neuen Ort zu wiederholen. Dabei haben wir im Bus, in Zelten, unter Brücken oder einfach auf der Straße geschlafen, uns in Seen, Bächen, dem Meer und an Tankstellen gewaschen, Tütenrotwein getrunken, während der Fahrt Pizza gebacken und ein ganzes Kalb vom Grill verspeist. Immer in einer ständig wechselnden Gemeinschaft.
+ Format: Builder´s Jam
Wie plant man am besten eine Großbaustelle, auf der zwischen 20 und 200 Leute ehrenamtlich und in kürzester Zeit Dinge bauen sollen, die jede Projektmanagement-Software und den dazugehörigen Projektmanager sofort zum Absturz bringen würden? Gar nicht. Beim Builder’s Jam stellen wir alle Rahmenbedingungen und Infrastruktur - Materialien, Werkzeuge, Verpflegung - der es den Teilnehmenden ermöglicht, reibungslos zu arbeiten. Es gibt ein klares Ziel und einen Zeitraum aber keine vorgefertigten Umsetzungspläne. Durch diese Organisationsform entstehen in der Gruppe außergewöhnliche, von Empathie geprägte Kommunikationsformen und Wege, die eine Baustelle in eine kollektive Mission verwandeln. So entsteht ein Rahmen für intuitives Planen, bei dem jede_r baut, was er will, entsprechend dem gemeinsam angestrebten Ziel. Dabei entstehen soziale Interaktionen nach einem emergenten Prinzip, die für eine ungewöhnliche Atmosphäre und einen kollektiven Hype sorgen, der außergewöhnliche Ergebnisse entstehen lässt.
+ Methode: Mobile Intervention
Dank unseres ältesten Teammitglieds - einem Doppeldeckerbus mit Baujahr 1979 - können wir für eigentlich jedes Projekt und jeden Anlass eine maßgeschneiderte mobile Intervention organisieren, die nicht nur Leute mitnimmt und Ideen irgendwo hinbringt, wo sie vorher nicht waren, sondern auch zusätzlich Aufmerksamkeit generieren und sämtlichen (oberflächlichen) Transport- und (tiefergehenden) Transferfragen auf einen Schlag lösen.
Fotos: 1-28: Alex Shuktuev; 28-31: Joel Peck
Bei unserer Ankunft haben uns teilweise über 40 Leute empfangen, Menschen haben sich ausgezogen, es gab Sektduschen und Live Konzerte und bei unser Abfahrt war klar, dass die hier entstandenen Freundschaften noch lange nach der Tour andauern werden. Es gibt schließlich kaum eine bessere Methode Menschen wirklich kennen zu lernen, als vier Tage mit ihnen in solcher Intensität zu verbringen. Teilweise waren die Orte nicht mehr wiederzuerkennen, so viele Rampen wurden innerhalb der ein oder zwei Tage gebaut. Und wenn diese Orte fortbestehen, dann werden auch die Rampen bleiben.
An jedem Stop sind zwei bis vier Leute zugestiegen, andere wieder ausgestiegen und so hatten wir eine immer wieder neu zusammengewürfelte Crew, bestehend aus den verschiedensten Nationen. Gerade diese durchmischte Crew hat unsere Reise besonders gemacht. Während die meisten Skatetouren für eine kleine Elite an sehr guten Skateboardfahrern organisiert werden, konnte hier fast jeder zusteigen. Klar, man musste auch was dafür machen, aber wenn du kein Arsch und dir nicht zu fein für Arbeit am Beton und gelegentliches Abwaschen bist, dann wirst du mit offenen Armen empfangen. Und jeder der bestehenden Crew war bereit, ein kleines bisschen seines persönlichen Komforts einzubüßen, um neuen Leuten diese außergewöhnliche Reise zu ermöglichen.
Die Tour endete in Kopenhagen, wo wir gemeinsam mit den lokalen Buildern den Abschluss Parkour für die 2015 Copenhagen Open Finals, einem der bekanntesten internationalen Wettbewerb für die weltbesten Skateboarder, auf einem abgelegenen Industrie Areal gebaut haben.
+ Methode: Co-Production
Wir verstehen uns auch nach dem Co-Creation-Prozess nicht als reine Umsetzungsagentur, sondern sehen einen Kern unserer Aufgabe darin, möglichst viele Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Motivationen in die Umsetzung unserer Projekte miteinzubeziehen. In unseren Entwürfen arbeiten wir deshalb nicht nur ortsspezifisch, sondern auch gruppenspezifisch.
+ Methode: Do-ocracy
Verantwortlich ist der, der handelt - Einzelne oder Gruppen suchen sich ihre Aufgaben und Arbeitsbereiche selbst aus und handeln eigenverantwortlich. Damit übernehmen sie die Verantwortung für die jeweiligen Ergebnisse und Konsequenzen. Wir nutzen diesen Ansatz vor allem zur (Re-)Aktivierung sozialer und politischer Partizipation durch Sofortmaßnahmen und als demokratisches Instrument zur Nutzung, Förderung und Institutianalisierung von transitorischen/performativen Urbanismus.
+ Methode: Selbstorganisation
Wir erforschen und erproben dynamische und flexible Prozesse, und versuchen Organisationssysteme zu entwickeln, bei denen Form und Funktion von der sich organisierenden Gruppe selbst ausgehen und sich immer wieder anpassen können, wie zum Beispiel Holokratie, Effectuation, Do-ocracy, Emergente Ordnung oder - wenn es passt - auch einfach nur “klassische” Vereinssitzungen.
Kunde: Levis Strauss Europe
Jahr: 2015
Ort: Deutschland, Schweiz, Italien,
Slowenien, Kroatien, Österreich,
Tschechien, Dänemark
Partner +
Friends: 2er Skate,
ALM DIY
Proper Skateparks
Chill Skateshop Zagreb
CPHpro Copenhagen
Yamato Living Ramps
Medien: Vimeo
Fotos: 1-28: Alex Shuktuev; 28-31: Joel Peck
Irgendwann nachts, an der kroatischen Grenze. Ein Doppeldeckerbus, vollgepackt mit jungen Menschen, die lange nicht geduscht haben und es in mehreren Anläufen einfach nicht schaffen, die richtige Anzahl von Reisepässen zu stapeln - 25 Pässe aus sieben Nationen - und sie dem sichtlich irritierten Grenzsoldaten zu übergeben. Zwischen all den müde-verschmitzten Gesichtern, Socken, Unterhosen, Gitarren, Skateboards, Kaffeebechern und Tetrapacks voller Wein: Ein Betonmischer. “Was zur Hölle macht ihr hier?!” - “...Hmm...Wir machen Urlaub und besuchen Freunde!”
2015 sind wir zu einer Tour aufgebrochen, die Skateboarding und der Rest der Welt, so noch nicht gesehen hat. In einer vierwöchigen Tour ging es durch die Schweiz, Italien, Slovenien, Kroatien, Österreich, Tschechien, Deutschland und Dänemark. Touren unter und für Profi-Skateboarder sind eigentlich nichts Ungewöhnliches, sie laufen normalerweise so: eine kleine Gruppe von Skatern fahren an einen Ort und verlassen ihn nach einer bestimmten Zeit wieder - hoffentlich mit Taschen voller Hochglanz-Footage… Wir haben das ein bisschen anders gemacht. In einem Gefährt, dass auch bergab auf deutschen Autobahnen nicht schneller als 75 km/h und einer Route, die diesen Eigenschaften weiß Gott nicht entspricht, haben wir auf unserer Tour 3.500 km quer durch Europa abgerissen und dabei gleich zweimal die Alpen überquert. Im Gepäck hatten wir eine große Gruppe von Freunden, einen Betonmischer, Baumaterial, Werkzeug, gutes Essen und gute Musik und folgende Mission: Wir haben in allen Ländern an unterschiedlichen Orten DIY-Crews besucht mit unserer fahrenden Baustelle, um sie beim Ausbau ihrer Spots vor Ort zu unterstützen und miteinander zu vernetzen.
Der Ablauf war bei den meisten Stops ähnlich: Ankommen und sich meist gleich am Spot mit den Locals treffen, ein paar Bier trinken und sich ein paar Rampen ausdenken. Am nächsten Tag wird dann von morgens an gebaut bis man mitten in der Nacht völlig fertig neben dem frischen Beton liegt und mal wieder darüber diskutiert, dass man doch beim nächsten Mal etwas weniger bauen sollte, um sich nicht völlig zu zerstören. Diese Gedanken sind dann am nächsten Tag schon wieder verflogen, wenn man nach dem Kaffee in die Stadt aufbricht, um mit den Locals ein paar Spots abzuklappern oder neue Orte zu entdecken. So sind wir im Laufe der Tour an den abgefahrensten Plätzen gelandet: Ein besetztes Areal mit einem dauerhaft beheizten Außenpool, völlig in der Natur gelegene, eiskalte Flüsse, eine verlassene Tankstelle oder ein gigantisches, besetztes Fabrikgelände mit mehreren Skateparks auf verschiedenen Ebenen. Am vierten und letzten Tag wurden dann die neuen Rampen feierlich eingeweiht, nur um sich kurze Zeit später wieder auf die Reise zu machen und das Ganze an einem völlig neuen Ort zu wiederholen. Dabei haben wir im Bus, in Zelten, unter Brücken oder einfach auf der Straße geschlafen, uns in Seen, Bächen, dem Meer und an Tankstellen gewaschen, Tütenrotwein getrunken, während der Fahrt Pizza gebacken und ein ganzes Kalb vom Grill verspeist. Immer in einer ständig wechselnden Gemeinschaft.
+ Format: Builder´s Jam
Wie plant man am besten eine Großbaustelle, auf der zwischen 20 und 200 Leute ehrenamtlich und in kürzester Zeit Dinge bauen sollen, die jede Projektmanagement-Software und den dazugehörigen Projektmanager sofort zum Absturz bringen würden? Gar nicht. Beim Builder’s Jam stellen wir alle Rahmenbedingungen und Infrastruktur - Materialien, Werkzeuge, Verpflegung - der es den Teilnehmenden ermöglicht, reibungslos zu arbeiten. Es gibt ein klares Ziel und einen Zeitraum aber keine vorgefertigten Umsetzungspläne. Durch diese Organisationsform entstehen in der Gruppe außergewöhnliche, von Empathie geprägte Kommunikationsformen und Wege, die eine Baustelle in eine kollektive Mission verwandeln. So entsteht ein Rahmen für intuitives Planen, bei dem jede_r baut, was er will, entsprechend dem gemeinsam angestrebten Ziel. Dabei entstehen soziale Interaktionen nach einem emergenten Prinzip, die für eine ungewöhnliche Atmosphäre und einen kollektiven Hype sorgen, der außergewöhnliche Ergebnisse entstehen lässt.
+ Methode: Mobile Intervention
Dank unseres ältesten Teammitglieds - einem Doppeldeckerbus mit Baujahr 1979 - können wir für eigentlich jedes Projekt und jeden Anlass eine maßgeschneiderte mobile Intervention organisieren, die nicht nur Leute mitnimmt und Ideen irgendwo hinbringt, wo sie vorher nicht waren, sondern auch zusätzlich Aufmerksamkeit generieren und sämtlichen (oberflächlichen) Transport- und (tiefergehenden) Transferfragen auf einen Schlag lösen.
Bei unserer Ankunft haben uns teilweise über 40 Leute empfangen, Menschen haben sich ausgezogen, es gab Sektduschen und Live Konzerte und bei unser Abfahrt war klar, dass die hier entstandenen Freundschaften noch lange nach der Tour andauern werden. Es gibt schließlich kaum eine bessere Methode Menschen wirklich kennen zu lernen, als vier Tage mit ihnen in solcher Intensität zu verbringen. Teilweise waren die Orte nicht mehr wiederzuerkennen, so viele Rampen wurden innerhalb der ein oder zwei Tage gebaut. Und wenn diese Orte fortbestehen, dann werden auch die Rampen bleiben.
An jedem Stop sind zwei bis vier Leute zugestiegen, andere wieder ausgestiegen und so hatten wir eine immer wieder neu zusammengewürfelte Crew, bestehend aus den verschiedensten Nationen. Gerade diese durchmischte Crew hat unsere Reise besonders gemacht. Während die meisten Skatetouren für eine kleine Elite an sehr guten Skateboardfahrern organisiert werden, konnte hier fast jeder zusteigen. Klar, man musste auch was dafür machen, aber wenn du kein Arsch und dir nicht zu fein für Arbeit am Beton und gelegentliches Abwaschen bist, dann wirst du mit offenen Armen empfangen. Und jeder der bestehenden Crew war bereit, ein kleines bisschen seines persönlichen Komforts einzubüßen, um neuen Leuten diese außergewöhnliche Reise zu ermöglichen.
Die Tour endete in Kopenhagen, wo wir gemeinsam mit den lokalen Buildern den Abschluss Parkour für die 2015 Copenhagen Open Finals, einem der bekanntesten internationalen Wettbewerb für die weltbesten Skateboarder, auf einem abgelegenen Industrie Areal gebaut haben.
+ Methode: Selbstorganisation
Wir erforschen und erproben dynamische und flexible Prozesse, und versuchen Organisationssysteme zu entwickeln, bei denen Form und Funktion von der sich organisierenden Gruppe selbst ausgehen und sich immer wieder anpassen können, wie zum Beispiel Holokratie, Effectuation, Do-ocracy, Emergente Ordnung oder - wenn es passt - auch einfach nur “klassische” Vereinssitzungen.
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Kunde: Levis Strauss Europe
Jahr: 2015
Ort: Deutschland, Schweiz, Italien,
Slowenien, Kroatien, Österreich,
Tschechien, Dänemark
Partner +
Friends: 2er Skate,
ALM DIY
Proper Skateparks
Chill Skateshop Zagreb
CPHpro Copenhagen
Yamato Living Ramps
Medien: Vimeo